nachtplan   - Nr. 97 -    



Randolph + Mortimer ist ein Elektronikprojekt aus Sheffield und ja, richtig geraten, es handelt sich um einen Solokünstler und der Name könnte durchaus dem Film "Die Glücksritter" entnommen sein. Singles veröffentlicht er bereits seit fünf Jahren und mit "Manifesto For A Modern World" ist nun endlich auch sein erster Langspieler erschienen. Musikalisch befinden wir uns im Bereich moderner Electronic Body Music, also der technoideren und Acid-lastigeren Variante des EBM. Zugegeben, obwohl ich Acid-Techno mag, wird es mir persönlich dann bei einigen Tracks ("Body", "Witch Hunt") doch schon zu nervös. Jedoch wiegen seine flächigeren Stücke ("Enjoy More", "The Light", "Society") dies auch schnell wieder auf. Bis auf Sprachsamples ist das als CD und Musikkassette erschienene Album instrumental gehalten. Schon ungewöhnlich, dass der Longplayer nicht als Vinyl erschien. Immerhin waren es genau die Techno-DJs, die Vinyl nie aufgaben. Einige der enthaltenen Tracks gab es bereits auf zuvor veröffentlichten Vinyl-Singles welche auch Remixe enthielten. So gibt es also zum Beispiel auch “Society“ in einer Nachbearbeitung des hier bereits einmal vorgestellten Acts Rendered:







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Herr Susan Subtract vom hier vor gefühlten Ewigkeiten beleuchteten Act High-Functioning Flesh wandelt nun als Physical Wash auch auf Solopfaden. Der Gesangsstil des in Portland lebenden Mannes bleibt, die Elektronik wirkt jedoch flächiger, womit wir es nun also eher mit Dark Electro der alten Schule als mit EBM zu tun haben. "Physical Death" heißt die gerade erschienene Debütkassette mit sechs Songs. Fast ein wenig Schade, dass es seine gelungene Coverversion des Klinik-Klassikers "Talking To A Stranger" nicht mehr mit aufs Tape schaffte. Andererseits macht sie dadurch bereits jetzt Lust auf seine nächste Veröffentlichung.
/ Weblink: Physical Wash







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Das kanadische Post Rock Trio Big ‡ Brave tourt gerade gemeinsam mit den australischen My Disco durch Europa und NRW hat es leider einmal wieder verschlafen. Big ‡ Brave kommen, um ihr neues, viertes Album "A Gaze Among Them" vorzustellen, das am 10. Mai auf Vinyl und CD erscheint. Musikalisch knüpft man nahtlos an das letzte Werk "Ardor" an. Der finale Horrortrip zu weiblichem Verzweiflungs-Vocals von Robin Wattie heißt diesmal "Sibling" statt "Borer" auf dem letzten Longplayer. Spätestens diese Schlussnummern machen bereits die Anschaffung jener beiden LPs wert, sofern man episch-doomige, aber dabei brachial-krachige Post Rock - Dramen im Stil von zum Beispiel den ganz frühen Swans mag.
/ Weblink: Big ‡ Brave




Und hier noch ein ganz kurzer Teaser der zeigt, wie sich das genannte australische Trio My Disco heute anhört. 2016 legte man 10 Jahre Math-Rock Marke Shellac und späteren schrill-schrägen New Wave beiseite und widmet sich seitdem vermehrt Dark Ambient Klängen mit noisigen Einlagen, die an Old-School-Industrial (Neubauten, SPK, Test Dept. etc.) erinnern.
/ Weblink: My Disco







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Die beiden Berliner Marxelot und T-Rex sowie Sänger Markus Gö aus Graz bilden das Trio Imposition Man, das mit der gleichnamigen Debütkassette vor zwei Jahren und damals noch als Duo unterwegs auf meiner Beobachtungsliste für Vielversprechendes landete. Nun folgte der zweite Langspieler, diesmal sogar in Vinylform. Man bleibt dem Stil treu und steigert sich dabei nochmals – also genau wie beim Setzen des Bookmarks erhofft. Musikalisch geht es wieder tempobetont und rockig zur Sache. 
So viele New Wave Bands der Jahre 1978 bis 1980 kommen mir beim Hören wieder in den Sinn und trotzdem klingt es dabei kein bisschen altbacken. Die Drum-Maschine treibt kompromisslos voran und die Gitarren- und Leadsynth- Konstruktionen kommen schön abwechslungsreich, mal direkt und dann wieder extrovertiert daher. Erneut trägt das Album keinen Titel, was zu Verwechslungen führen könnte, aber man wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Wie auch immer, hier als Kostprobe einmal der Track "Plate".
/ Weblink: Imposition Man
 






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VR Sex aus Los Angeles erobern gerade die New Wave Szene. Andrew Clinco von Drab Majesty führt das neue Trio unter dem Pseudonym Noel Skum. Die limitierte "Horseplay EP" Musikkassette war das sofort vergriffene Debüt im März und mit mit "Human Traffic Jam" legt man bereits im Mai einen ganzen Longplayer auf Vinyl und CD nach. Die vier Tracks der EP sind nicht erneut vertreten was lobenswert ist. Es gibt also neun neue Stücke, die musikalisch von Gitarrenwave bis zu Post Punk mit Shoegaze- Einflüssen reichen.
Hier zum Warmwerden der Song "Surrender".
 / Weblink: VR Sex







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The Hollow Dolly nennt sich ein Duo aus Istanbul. Seit She Past Away zieht der Exotenbonus für Darkwave aus der Türkei vielleicht nicht mehr ganz so stark, aber Gamze Koba und Mert Yıldız kombinieren ihre Klänge mit viel Elektronik und der Gesang ist weiblich, was dann doch wieder recht außergewöhnlich für diese Breitengrade ist. Unerwartet frisch kommen ihre Songs rüber, man spürt richtig so etwas wie eine "New Wave Aufbruchsstimmung", die der vor Jahrzehnten wirklich nahe kommt . Musikalisch fühle ich mich sowohl an stilvolle 80er Bands wie Moev als auch an trashiger wirkende Italo-Disco Nummern wie denen von Divine erinnert. Nach den ersten digitalen Einzeltracks im Bandcamp bin ich sehr auf eine erste EP oder gar gleich ein ganzes Album gespannt. Hier als Kostprobe der Song "We Bring The Sun".
/ Weblink: The Hollow Dolly






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Ich finde ja, dass Diät aus Berlin völlig unterschätzt werden, vor allem wenn man bedenkt, welche Menge an Alternative- und Indie-Rock Formationen aktuell leichtfertig das angesagte und damit begehrte Etikett Post Punk erhalten. Das Duo aus Chris Onton und Itchy Bugger macht nämlich echten Post Punk, jenen der ganz alten Schule, soll heißen wie in der originalen New Wave Ära (Wire, Television), also aus Zeiten in denen sich sogar Joy Division noch Warsaw nannten.
"Positive Energy" hieß das Debütalbum in 2015 und mit "Positive Disintegration" ist gerade auf dem amerikanischen Label Iron Lung der Nachfolger als Vinyl erschienen. Anstatt jetzt hier einen Roman zu schreiben und etliche Helden der frühen 80er zu Einzelsongs im Vergleich zu nennen, begeben wir uns doch einfach mal gleich mit Diät auf eine missglückte Busfahrt. Hier die Ballade des Albums mit dem Titel "Missed The Bus".
/ Weblink: Diät







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Kehren wir noch einmal zurück zu den oben vertretenen Imposition Man oder genauer gesagt zu deren Label.  
Riss ist das neue Elektronikduo von Clemens Gartner und Lena Kühleitner aus Wien. "Designed To Bind" heißt ihr erster Song und das heimische Label Cut Surface hat bereits Interesse an mehr bekundet. Passt auch gut in deren Programm voll leicht angeschrägten bis experimentellen Sounds, finde ich. Denn Riss machen keinen Synth Pop sondern Cold Wave in einer etwas verfrickelten, aber dadurch spannenden Spielart. Außerdem hat der Gesang von Frau Kühleitner auch so gar nichts mit Pop zu schaffen, wie man hier sehr schnell hören kann:
/ Weblink: Riss







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Und schon sind wir beim finalen Eintrag angelangt. Electro Ambient und Shoegaze der anderen Art bietet der russische Act Notexist. Man kann sich dazu Gitarren im Nebel zwar leicht vorstellen, doch die Klangkulissen des Einmannunternehmens entstehen zum größten Teil auf rein elektronischem Wege. Das neue und bereits siebte Album in nur vier Jahren trägt den Titel "Memories Aren't Invited". Es bietet 10 frische Instrumentals die erneut ausgewogen zwischen Electro Ambient Soundscapes und noisig-epischen Shoegazetracks variieren. Hier daraus einmal "Aberration".
/ Weblink: Notexist








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