nachtplan   - Nr. 81 -    



Wir starten unsere kleine Tour durch musikalische Neuheiten diesmal technoid, mit I Hate Models und einem Titel aus dessen "Lost Tapes EP". Der französische Produzent hinter diesem Projekt schwankt zwischen harshen, instrumentalen Brutalosounds und poppigen Songs. Das hier als Beispiel gewählte "Love Or Die Theme" ist eine gesunde Mischung beider Welten. Zu hören ist dennoch kein Popgesang, wie er ihn in "Shades Of Night" auf einer parallel erschienenen, anderen EP einsetzt, sondern erinnert von Stimme und Stimmung her, eher an den verhaltenen Stil von The Soft Moon. 
Discogs kommt bei seinen Veröffentlichungen nicht ganz mit und es ist auch gar nicht so einfach seine Vinylreleases zu kaufen, da diese auf ständig wechselnden Labels und immer nur in Kleinstauflagen erschienen. Bei der "Lost Tapes EP" handelt es sich um die erste Veröffentlichung des Techno Labels Aries mit Sitz in Amsterdam und sie ist momentan lediglich als Download erhältlich. Vielleicht erscheint die Vinylversion wieder auf einem anderen Label? Es ist kompliziert. Aber - was solls - wenn es gut klingt, ist es das Forschen wert.
/ Weblink: I Hate Models


 





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Buzz Kull aus Sydney musizieren seit 2010 und spätestens seit ihrem Beitrag zur zweiten The Scrap Mag Compilation zwei Jahre später, sind sie in Kennerkreisen bekannt und werden beobachtet. Leider regt sich selten etwas und gesamt gesehen sind nur ein gutes Dutzend Songs innerhalb von sechs Jahren entstanden. Damit könnte man nun zwar ein Album füllen, aber wie aus einem Guss täte dieses nicht mehr klingen. Seinen Stil hat Marc Dwyer, der Kopf des Projektes, zwar beibehalten, aber die Technik wurde professioneller. Nein, dick aufgetragenen wirkt der Synthpop von Buzz Kull immer noch nicht, sie bleiben der knackigen und frischen Minimalelektronik treu, klingen aber heute weit druckvoller als in den Anfangstagen. Wenn auch kein Album erhältlich ist und auch vorerst keines in Aussicht steht, sollte man Buzz Kull hier dennoch einmal als durchaus existent und aktiv beleuchten, finde ich. Das geschieht genau jetzt, mit ihrem Song "Tomorrow's Ghosts" als Clip.
/ Weblink: Buzz Kull








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Petra Flurr, die Punk Queen mit bürgerlichem Namen Ivan Sacha Mannina, dürfte durch ihr/sein Schaffen der letzten 10 Jahre auch weit außerhalb ihrer/seiner Wahlheimaten Berlin und Madrid inzwischen mindestens in Untergrundkreisen bekannt sein. Mit dem Song "Punkakkorde" (Verschwende dein Altsein) lieferte sie/er einen kleinen Hit und die Arbeiten mit Victor Lenis von Modernista bescherten 2012 rasche Ausverkäufe der Tonträger. Treffend `Noir Electro Noise Pop´, nennt Petra ihre/seine sehr von NDW und der Deutsch Amerikanischen Freundschaft inspirierten, punkigen Minimalsounds mit zumeist deutschen Texten.
Petras Fans mussten sich etwas Gedulden, auch ihre/seine bereits länger als Demo kursierenden weit düsteren Arbeiten als Leather Ladder offiziell ergattern zu können. Seit kurzem sind sie nun als Album im Digital Download via Bandcamp erhältlich. Die Künstlerin Angelic Sintesis ist seine Partnerin in diesem elektronischen Cold Wave Duo und ein Vinylrelease ist in Planung. Gute Idee, denn das Album ist eine runde Sache. Gestartet wird es mit einer Interpretation des The Stooges (Iggy Pop) Klassikers "I Wanna Be Your Dog" und danach wird es nicht etwa lockerer, sondern man klappt die Gruft erst einmal richtig auf ("Heimat"). Die Songs "Liebe leidet" und "Meine Sohlen" lockern die Atmosphäre etwas auf, damit man nicht in schwarzem Pech und Teer ("Ocean") ertrinkt. Hier als Vorgeschmack einmal das erwähnte eigenwillige The Stooges Cover.
/ Weblink: Leather Ladder








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Possession Records ist ein brandneues Glasgower Label, welches sich Klängen der Bereiche Minimal Synth und Cold Wave widmen möchte. Gegründet wurde es von den drei Musikern Claudia Nova (Hausfrau), JJD (Soft Riot) und Andy Brown (Kaspar Hauser). Bei der anstehenden Debütveröffentlichung handelt es sich um die EP “Trivial Pursuits” von Hausfrau in Form einer Musikkassette. Das erste Release der schottischen Hausfrau, die LP "Night Tides" auf Unknown Pleasures Records, sorgte 2014 bereits für Aufsehen. Der gitarrige Dark Pop des Erstlings weicht diesmal ein wenig den Minmal Synth Sounds der frühen New Wave Zeit. Zudem setzt sie nun sogar auf Tanzbarkeit. Dies natürlich ohne sonnig-mainstreamigen Mitsingrefrain - locker schon, nur viel kühler und lässiger. Der Titeltrack der EP tauchte vor ziemlich genau einem Jahr bereits in einer noch minimaleren Demofassung in Telefonsound auf. Hier die gereifte, tafelfertige Version dieses Songs. Telefone sind zwar noch zu sehen, aber die Musik kommt nun voll zur Geltung.
/ Weblink: Possession Records
 






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Die lässig-schnoddrige und dabei erfrischend-wavige Post Punk Spielart von She Past Away gilt mittlerweile beinahe als Pop, wurde die Band doch in so ziemlich jedes Lineup diverser Indie-Festivals eingebaut. Blind Delon aus Frankreich schlagen nicht nur mit ihrem treibenden Grummelbass in eine ähnliche Kerbe. Viel gibt es noch nicht von ihren zu hören, darum fasse ich mich kurz. Das hier im Blog bereits mehrfach ins Gespräch gebrachte, spanische Label Oráculo Records wird die Debüt-EP in Kürze bringen. Hier vorab daraus der Song "Edouard".
/ Weblink:Blind Delon
 




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Im Zuge des Vinylrevivals boomt insbesondere die Soundtrackabteilung. Die Musik älterer Horrorfilme steht dabei ganz weit oben auf den Einkaufszetteln. Gerne genommen werden düstere Atmosphären mit spacigen Synthklängen und Prog-Rock Wendungen. Also Musik, geboren in den 70ern und frühen 80ern, die Filme von Dario Argento, John Carpenter, Mario Bava und anderen Kultregisseuren jenes Genres damals gerne bereicherten. Ein Plattenschrank ist aber meist recht geräumig und die Anzahl der Kultfilme begrenzt. Warum also nicht Soundtracks ähnlicher Stimmung zu imaginären Filmen komponieren? Das ist zwar keine wirklich neue Idee, aber in den letzten Jahren wird sie halt intensiver aufgegriffen als je zuvor. Vercetti Technicolor und Antoni Maiovvi wären als bekannte Vertreter dieser Arbeitsweise zu nennen, aber auch das bereits einmal im Blog vorgestellte Elektroprojekt Mynationshit macht nun mit. Dieses tat sich mit seinem spanischen Landsmann von Sentionaut zusammen und man gründete Red Blood Divine. "Sequenza Lunga" heißt ihr erster Score zu einem Film, den es nicht wirklich gibt, aber dessen Klänge bereits Mitte September erhätlich sein werden. Die Musik wurde in blutrotem Vinyl gespeichert und typische Splatterfilmmotive zieren das Cover. 16€ sind ein angenehmer Vinylalbumpreis, aber ein Download wird natürlich ebenfalls angeboten.
Mit knapp über 32 Minuten ist die Spielzeit vielleicht etwas schmal geraten, aber so lange diese halbe Stunde stimmig ist, was sie ist, passt das schon. Interessant finde ich, dass eine beinahe übliche John Carpenter Verneigung zwar mit "Gatto Nero" vertreten ist, diese sich aber einmal nicht auf dessen rhythmische Tracks, sondern auf seine sphärische Ambientseite bezieht. Hier zum Hineinhören eine Variation des Titels "Coppedé". Zu sehen ist eine Sequenz aus einem anderen, bzw. einem echten Film.
/ Weblink: Red Blood Divine 

 





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Vagueness Records ist ein kleines spanisches DIY Label. Okay, große Do It Yourself Labels gibt es nicht, jedenfalls befinden wir uns hier in einem Bereich, der mehr als Independent ist, aber dennoch nichts mit experimentellem Noise zu schaffen hat - `Geheime Alternativmusik´ sozusagen. Das für uns interessante, weil düster angehauchte Release des Labels stammt von einem Act namens Trespasser. Dessen Hauptsitz ist Berlin, aber Leute aus halb Europa sind daran beteiligt und Namen täten hier den Rahmen sprengen. Wäre das Album in besseren Zeiten für Tonträgerumsätze, also vor 25 Jahren veröffentlicht worden, dann wahrscheinlich auf dem deutschen Label "What's So Funny About.." (Die Erde, Die Haut, Prince Of The Blood, etc.). Wir sprechen also von Gitarrensound auf groovig-elektronischem Fundament mit ordentlich `Leiden´ im Gesang. Es ist eigentlich jener Stil, den man  herkömmlich als Indie bezeichnet, der heute aber oft schwärzer klingt als etliche Britpopper, die als Post Punk vermarktet werden.
Erschienen ist das Trespasser Album als Musikkassette und Download. Mein favorisierter Song "Black Mantra" ist auf Youtube nicht zu finden, aber der etwas entspanntere "Rape City Blues" ist zum Hineinhorchen auch nicht verkehrt.
/ Weblink:Trespasser
 




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Sowohl die Musik als auch das Image von The Marquis aus Montreal dürften sehr polarisieren. Der zum Großteil elektronische Experimental Pop von Mastermind Dillon Steele wird auch mir oft zu schrill und zum Beispiel beim Song "Dark Angel" ist für mich beim besten Willen nichts 'darkes´ zu finden. Dennoch kein Etikettenschwindel, da ein Song wie "Death and Dying" dann wieder hält, was der Titel verspricht. Soviel zur aktuellen von bisher zwei EP des Marquis. Auf der als Musikkassette erschienenen Debüt-EP verhielt es sich sehr ähnlich und dort war der Song "Ghost" für den "Echt jetzt? Ernsthaft?!" - Effekt der Marke "Dark Angel" zuständig, während "Venus Laid Waste" als prima noisig-wavige Tanznummer - nahe am Death-Rock - gut dagegenhielt. Bleiben wir doch gleich bei diesem Song als Hörbeispiel, denn zur aktuellen EP gibt es bisher noch keinen Clip.
/ Weblink:The Marquis 
 





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Ihr meint, das klang ein wenig arg nach LoFi?  Da ist was dran und dann setzen wir doch gleich noch einen drauf und horchen, was Low Fidelity genau meint: Mad Masks ist ein französisches Duo, welches sich elektronischen Soundscapes in Musikkassettenqualität und Post Punk in seiner schlankesten Spielweise verschrieben hat. Düster, knochig und minimal kommen ihre Tracks daher und erinnern an Filmmusiken experimenteller Horror B-Movies der späten 70er. Kenner werden beim Track "Pisithanate" vielleicht Ähnlichkeiten zum The Cure Soundtrack zu "Carnage Visors" (einem schrägen Animationsfilm von Simon Gallups Bruder Ric) aus deren 1981er "Faith" Ära erkennen.
Das Bristoler Label Peripheral Minimal hat das aktuelle Mad Masks Album bereits Ende letzten Jahres als CD und Digital Download veröffentlicht, ein passender, ansprechender Clip kam erst kürzlich dazu. Dieser gilt dem Titel "Permafrost"und ist nun hier zu hören und zu sehen.
/ Weblink:Mad Masks
 




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Der finale, wie immer etwas strange Track, führt uns diesmal in die Ukraine. Regina Litvinova und Kirill Klyuch aus Kiew sind ein Ehepaar und es gibt sie auch als musikalisches Duo namens Garden Krist. Anfang des Jahres erschien das bis auf wenige Ausnahmen instrumental gehaltene Album "Zona", das wir hier vernachlässigen wollen. Mir ist der Ursprung unbekannt, aber ich vermute einmal, es handelte sich bei jenem Werk um eine Soundtrack-Auftragsarbeit. Ihr normales Schaffen ist für uns weit interessanter, denn dort begibt sich das Duo in die Bereiche Wave, Post Punk und Shoegaze. Grober gesagt, Gitarrensounds zu Drummaschine mit eingesträuten Synthtupfern und weiblichem, russischem Gesang. In den Songs geht es um Vereinsamung und Sinnfragen, also die beinahe üblichen Themen der Sparten Post Punk und Darkwave. Neun Stücke sind fertig und sollen in Kürze in Albumform einen Bandcamp-Start des Duos bilden. Wer über einen VK (ВКонтакте) - Account verfügt, kann das noch titellose Album dort bereits vorhören. In ihren Soundcloud Kanal sind die Songs aber ebenfalls zu finden, lediglich ungeordneter.
Post Punk Freunde bitte "Когда ты умрешь" wählen und die Shoegazer bitte Richtung "Среди огня и стали" bewegen, dann erhaltet ihr den optimalen Eindruck ohne viel Sucherei. Denn, der hier vorgestellte Titel könnte ein falsches Bild liefern, da er ihr zugleich heftigster ist und erneut gitarrenfrei daherkommt. Ansonsten singt Regina normaler und mit weniger Electro Noise im Hintergrund. Aber hier, als gewohnte `Pauke zum Schluss´ oder diesmal besser als `greller Tusch´ passt der Track halt prima, daher nun "В тюрьме не смеются".
/ Weblink 1:Garden Krist (Soundcloud) 




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