nachtplan   - Nr. 102 -    



Das Trio Tricor aus Marburg ist noch ganz frisch und die EP "No Home" im Dezember war das erste Lebenszeichen. EP für Extended Play(time) war eigentlich etwas übertrieben, denn es handelt sich um eine Digitalsingle mit zwei Songs. Die A-Seite klingt gelungen und die B-Seite mit dem Titel "Cigarettes" ist sogar noch besser. Eine sich schön steigernde Coldwave - Ballade mit Keyboardlinie, Drumcomputer, Gitarre. Grummelbass und prima Gesang, der genau mit der richtigen Portion Verträumtheit daherberkommt, dass mir der Begriff "Reisemusik" in den Sinn gerät.
/ Weblink: Tricor







- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 






Schade. Aber das ist ja leider das gängige Problem, falls man sich von einem Vorab-Teaser die Erwartungshaltung hochschrauben lässt, auch wenn man es versucht selbst zu vermeiden, also darauf bedacht ist, die Vorfreude zur Sicherheit lieber schön klein zu halten. Die Rede ist vom Debütalbum "Love Will Come Again" der italienischen Band Talk To Her. Nach dem Teaser "Ibisco" hätte ich noch geschrieben "italienischen Post Punk Band". Nun, da das Album in Komplettform hörbar ist, täte ich es eher in das Regal für gitarrenorientierten Indiepop stellen. Nummern wie "Set Me Free" erinnern mich an das Gedudel in Videoclip-mäßigen, romantischen Passagen von Til Schweiger Liebesfilmen, nur das Talk To Her halt nicht deutsch singen. In jenen Film-Momenten denke ich mir dann "Na toll, ihr seid schwer verliebt, ich hab´s geschnallt, das muss mir kein Szenenzusammenschnitt in Weichzeichner zu kompletter Songlänge noch einmal demonstrieren". Das auf dem Album etwas später folgende "Away/Afraid" könnte man in jener Filmgattung ebenfalls prima nutzen, wenn der Protagonist gegen Ende dann doch endlich den entscheidenden Sinneswandel hat und in seiner Erkenntnis verzweifelt und fieberhaft seiner Herzensdame hinterhereilt. Ab der zweiten Songhälfte wird dann sogar gerannt. Tempo, Drama, schafft er es wohl noch sie einzuholen (Bahnhof, Flughafen, Traualtar, etc.) und alles zu kitten? Danach folgt "Confessions". Passt auch, wäre dann die Schlußszene, Kuss, ewige Liebe, Abspann. Warum erwähne ich das Album dann hier? Naja, der Teaser war flott und sollte nicht untergehen. Also hier "Ibisco":
/ Weblink: Talk To Her
  






- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 






Pop geht aber auch `in schön´. Eyes Without A Face ist ein brandneues Quartett aus Vancouver. Die Debütsingle “The Grift” deutet an, dass man den Synth-Pop-Sound der 80er als Grundlage bevorzugt, jedoch dem Futurepop dieses Jahrtausends auch nicht abgeneigt scheint. Ebenfalls hübsch gemischt ist die Band selbst: Malcolm Holt und Bruce Ledingham kommen zwar bereits aus der Electropop-Ecke (Blonde Diamond), Kyle Tavares und Bronson Norton dagegen stammen aus der Doom Metal - Abteilung (Seer). Sänger Kyle hat jedenfalls Stimme, was die Band sofort klar von den normalen, also meist nur rein instrumentalen, Retrowave-Acts abgrenzt. Es darf gerne schon recht bald ein bisschen mehr sein.
 / Weblink: Eyes Without A Face
 






- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 






Die Abkürzung V.V.I.A. weckt die Kreativität und das Ausprobieren der Lösungen könnte abendfüllend werden. Ich muss hier jedoch spoilern, den ich kann ja schlecht verheimlichen, dass es sich um eine Kollaboration der beiden Damen aus den Soloprojekten Venus Volcanism und In Atlas handelt. Kürzlich reiste In Atlas aus Kopenhagen kurz zur Klangkumpanin nach Athen, um die Arbeiten an der ersten V.V.I.A. EP mit dem Titel “Glass & Marble” fertigzustellen. Zuvor hatten sie bereits drei digitale Singletracks veröffentlicht und nun darf es etwas längere Spielzeit werden. Der Veröffentlichungstermin sollte in Kürze sein und ich hoffe auf mehrere wählbare Formate. Vorab gibt es den Instrumentaltrack "Megaera" und ich schätze der wird dann das spannende Intro der EP werden. Diesem dürfte eine Kombi aus elektronischem New Wave, Coldwave und Industrial Techno folgen, denn das waren die Gebiete der ersten drei Singles. Zum Kennenlernen habe ich hier nicht den oben erwähnten Instrumentalteaser gewählt, sondern die Coldwave-Single "Oblivion" aus dem letzten Herbst.
/ Weblink: V.V.I.A.







- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 






Die Solokünstlerin Fee Lion lebt in Chicago und veröffentlicht bereits seit 2016. Nach einer experimentellen Anfangsphase ist seit dem letzten Jahr der Electropop ihr Metier. Die EP "Blood Sisters" im April belegte, dass diese Entscheidung eine sehr gute war und ist bereits seit Monaten ausverkauft. Digital ist die 4-Track-Single natürlich weiterhin verfügbar. Nun gibt es als Nachschlag eine digitale Remix-EP. Silent Servant, Kontravoid, Multiple Man und Minimal Violence legten noch einmal Hand an. Für meinen Geschmack herausstechend, wie das vor gefühlten Ewigkeiten hier vorgestellte australische Duo Multiple Man dem Song "Blood Sisters" noch mehr Tiefe verlieh. Genau diesen Remix gibt es nun hier zu hören.
/ Weblink 1: Fee Lion (Remix EP)
/ Weblink 2: Fee Lion (Katalog)






- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 






Other-ed ist ein junges Coldwave - Projekt aus dem östlichen Frankreich. Dahinter steckt der Vague Scare Sänger Laur Veglam. "Disruptive Synthetic" ist seine erste EP mit fünf Songs, die etwas direkter, lockerer und elektronischer klingen als die Arbeiten mit Vague Scare. Schon bemerkenswert, dass ich hier auch einmal die im weitesten Sinne "poppigere" Variante bevorzuge anstatt umgekehrt, aber Other-ed klingt halt "kompakter" und man wirft Melancholie ja noch lange nicht ganz über Bord. Kurz: Other-ed tendiert schon sehr Richtung Synth-Pop, behält dabei aber stets souverän die Coldwave-Wurzeln im Zentrum.
Als Hörbeispiel nun aus der EP einmal der Titel "The Least We Can Do".
/ Weblink: Other-ed







- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -




 

Глава II, zu deutsch "Kapitel II" heißt ein neuer New Wave Act aus Sankt Petersburg. Das Duo aus Sängerin und Keyboarder beschreibt seinen Stil selbst als Ritual Pop, was zum Beispiel für den Song "Раненый" (Verwundet) auch gut zutrifft. Seit 2017 aktiv, gibt es bisher dennoch lediglich eine Handvoll Single-Tracks. Wir hören hier einmal in den aktuellen hinein, der den Titel "Сестра" (Schwester) trägt. Beginnt sehr poppig, doch im weiteren Verlauf klingt das dann dank Dröhnen schon etwas anders.
/ Weblink: Глава II







- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -





Apropos Dröhnen. "Vassago" ist der Titel eines Albums im Musikkassettenformat, auf dem sich die Electro Ambient Projekte Nigh/T\mare und Noform je eine Seite teilen. Man könnte also von einem Split-Tape sprechen, das wäre richtig, doch beide Bands schlagen musikalisch dermaßen ungespalten in die gleiche Kerbe, dass die Kassette wie aus einem Guss klingt. Finstere Dark Ambient Intros, apokalyptisch anmutende orchestrale Steigerungen mit Drumgeballer, ja, so etwas nennt man dann wohl Industrial oder gar Industrial Techno.. Erschienen ist das Tape auf dem Athener Label Several Minor Promises, deren Vorzeige-Act Restive Plaggona ich schon einmal in einem früheren Blogeintrag vorstellte. Nigh/T\mare ist das Einmannunternehmen des Italieners Giuseppe Sciretti und Noform das Projekt des Russen Ivan Egin.
/ Weblink: Nigh/T\mare / Noform








- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -






Zum schrägen Abschluss diesmal etwas musikalisch recht eingängiges. "Orient trifft Heilung und gemeinsam erfreut man sich an einem Hardtrance-Tempo", versuche ich es mal in Worte zu fassen, was da akustisch passiert. Weltmusik mit massiven Beats halt. Funktioniert nur sehr laut gehört, funktioniert dann aber prima. Maze Runner heißt der Act und sitzt in Frankfurt. Parallel zum folgenden Track "Sadhana" veröffentlichte er bei DSR Digital auch die EP "Eagles", die sehr ähnlich klingend beginnt und sich im weiteren Verlauf dann auch dem Bereich Dark Techno öffnet.
/ Weblink 1: Maze Runner
/ Weblink 2: Maze Runner (Eagles EP)







- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 






http://www.nachtplan.info/